Fruchtjoghurt oder lieber Joghurt mit frischen Früchten?

Stand: 07/23/2014
Das Bild von Kirschen oder Erdbeeren prangt groß auf dem Alu-Deckel und lacht den Käufer an. Beim Öffnen des Joghurtbechers erblickt er eine Joghurtmasse in tiefem Rot. Manchmal ist sogar eine zentimeterdicke Fruchtzubereitung erst noch in den Joghurt einzurühren. Sind das nicht alles Indizien für einen guten Fruchtjoghurt mit einem großen Anteil an echten Früchten?

Die Antwort lautet: Nein, das sind sie nicht.
Sowohl die Farbe als auch das Fruchtaroma und die angedeutete Fruchtmenge sind in einem Fruchtjoghurt oft mehr Schein als Sein. Auch die Zutatenliste lässt irrtümliche Interpretationen des Verbrauchers zu. Hinter Bezeichnungen wie „20% Fruchtzubereitung“ oder „ohne Farbstoff“ oder „natürliche Aromen“ könnte ein ahnungsloser Verbraucher immer noch die echte Kirsche oder Erdbeere vermuten. Dabei besteht die augenscheinliche Fruchtmenge aber längst nicht allein aus Früchten.


Wie viel Frucht enthält ein Fruchtjoghurt?

Fruchtjoghurterzeugnisse haben inzwischen einen Marktanteil von über 80%.
Eine klare Definition von Fruchtjoghurt gibt es im deutschen Lebensmittelrecht nicht. Fruchtjoghurt gehört zu den Milchmischerzeugnissen. Diesen dürfen laut Milcherzeugnisverordnung bis zu 30 Prozent andere Lebensmittel als Milch und Milcherzeugnisse zur Erzielung einer besonderen Geschmacksrichtung beigefügt werden.
Darüber hinaus werden die Qualitätsmerkmale von Fruchtzubereitungen für die Herstellung von Milchprodukten in einer internen Richtlinie des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) beschrieben. Danach beträgt deren Fruchtanteil je nach Art der Früchte mindestens 25 bis 35 Prozent.

Diese Richtlinie unterscheidet zudem zwischen Fruchtjoghurt, Joghurt mit Fruchtzubereitung und Joghurt mit Fruchtgeschmack:

Handelsbezeichnung des Joghurts FrischfruchtanteilAbbildungen von Früchten auf der Verpackung
  • Fruchtjoghurt oder Joghurt mit Früchten
mind. 6%
(Früchte mit besonderer Geschmacksintensität mind. 2%)
üblich
  • Joghurt mit Fruchtzubereitung
mind. 3,5%
(Früchte mit besonderer Geschmacksintensität mind. 1,5 %)
üblich
  • Joghurt mit Fruchtgeschmack
0- 3,5% nicht üblich

Demnach enthält ein Becher Erdbeerjoghurt (150 g) mindestens 9 g Erdbeeren, was etwa einer halben Erdbeere entspricht!

Leider werden Fruchtanteil und Fruchtzubereitung oftmals nicht dezidiert aufgeschlüsselt, so dass ein Vergleich des echten Fruchtgehaltes schwer fällt. Fruchtzubereitungen bestehen in billigen Produkten überwiegend aus Zusammensetzungen von Fruchtsaft mit fruchtähnlichen Stückchen, viel Zucker oder Süßungsmitteln, farbgebenden Pflanzenextrakten, Verdickungsmitteln und Aromen. Echte Fruchtstücke sind oft nur in geringen Alibi-Mengen zugefügt.

In den Zutatenlisten werden die Inhaltsstoffe immer entsprechend ihrem Anteil in absteigender Reihenfolge genannt., So ist manchmal auch zu erkennen, dass die Fruchtzubereitung im Wesentlichen aus Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat besteht oder aber, dass der Zuckeranteil höher ist als der Fruchtanteil. Manchmal werden die Produkte auch mit verschiedenen Zuckerarten (z.B. Fruktose, Glukose-Sirup) gesüßt, so dass „Zucker“ in der Zutatenliste nicht an erster Stelle rangiert. Damit der Fruchtjoghurt nicht zur Zuckerfalle wird, ist ein Blick auf die Kohlenhydrate bzw. Zucker in den Nährwertangaben hilfreich.

Beispiele:
  • Joghurt mild mit 18% Kirschzubereitung:
    Zutaten: Joghurt mild, Kirschzubereitung (Zucker, Kirschen, Wasser, modifizierte Stärke, färbende Pflanzenkonzentrate: Rote Bete, Traube, Holunder, natürliches Aroma, Säureregulatoren: Citronensäure, Trinatriumcitrat), Zucker
    (Brennwert: 94 kcal /100 g, Kohlenhydrate: 14,1 g, davon Zucker: 13,7 g
  • Frucht auf Joghurt Kirsche mit 33% Fruchtzubereitung:
    Zutaten: 60% Joghurt aus pasteurisierter Milch, 33 % Fruchtzubereitung (Kirschsaft* aus Kirschsaftkonzentrat, Wasser, Zucker, Kirschpüree*, Zitronensaft aus Zitronensaftkonzentrat, Speisegelatine, färbende Frucht- und Pflanzenkonzentrate (Karotte, Holunder), Aroma, Stickstoff) Milcheiweiß, Zucker, Traubenzucker, Aroma * Frucht im Endprodukt: 13%
    (Brennwert: 110 kcal/ 100 g, Kohlenhydrate: 17,9 g)
  • Joghurt mit 22% Himbeerzubereitung:
    Zutaten: 70% Joghurt mild, Himbeerpüree, Glukose-Fructose-Sirup, Zucker, modifizierte Stärke, Überzugsmittel: Kakaobutter, Gelatine, färbendes Karottenkonzentrat, natürliches Aroma, Farbstoff: Echtes Karmin, Chlorophylle, Brillantblau FCF, Kohlensäure.
    (Brennwert: 115 kcal/ 100 g, Kohlenhydrate: 19,0 g)

Bei der Herstellung und Lagerung der Fertigerzeugnisse gehen in der Regel viele fruchteigene Geschmacksstoffe und Farbstoffe verloren. Um diese Verluste auszugleichen, werden - egal ob es sich um ein konventionelles oder ökologisches Produkt handelt - Aromen und färbende Pflanzenextrakte beigemischt.
Bei den Aromen gilt: Nur bei der Nennung des jeweiligen Fruchtaromas, z.B. Erdbeeraroma, stammen mindestens 95% des Aromas tatsächlich aus der genannten Frucht. Bei der Bezeichnung „natürliches Aroma“ wird der Geschmacksstoff mittels physikalischer, chemischer oder biotechnologischer Verfahren aus anderen Naturprodukten gewonnen werden. Das Wort „Aroma“ ohne Zusatz-Erklärung, lässt auf einen synthetisch erzeugten Geschmackstoff schließen.

Beim Untermengen von Fruchtmassen verliert der Joghurt in der Regel seine homogene Konsistenz und wird etwas flüssiger. Durch Gelier- oder Verdickungsmittel wie Gelatine, Pektine, modifizierte Stärke, Johannisbrotkernmehl usw. versucht man die steife Konsistenz eines Fruchtjoghurts zu bewahren. In einigen Bio-Produkten wird auf Verdickungsmittel verzichtet, dafür nimmt man einen dünnflüssigeren Joghurt in Kauf. Andere Hersteller bieten ihren Joghurt in Behältern mit Knick-Ecken an oder füllen zwei steife Schichten Fruchtmasse und Joghurt getrennt in den Becher ein. Der Verbraucher vermischt dann die Fruchtzubereitung selbst mit dem Joghurt und akzeptiert dabei die sich verändernde Konsistenz.


Nährwerte im Vergleich

Naturjoghurt ist ein guter Lieferant von Kalzium, hochwertigem Eiweiß und Vitamin B2. Darüber hinaus unterstützen der Milchzucker und die enthaltenen Milchsäurebakterien eine gesundheitsförderliche Darmflora.

Fruchtjoghurt enthält meist reichlich Zucker. Das gilt besonders für fettarme Produkte: Mit Hilfe von Zucker möchte man einen „vollen Geschmack“ des Joghurts erzielen. Dadurch kann in einem fettarmen Light-Joghurt mit Fruchtzubereitung die Zuckermenge auch schon mal knapp ein Fünftel der Joghurtmasse ausmachen. Der Kaloriengehalt von Fruchtjoghurt liegt um ein Drittel bis etwa die Hälfte und mehr höher als beim Naturjoghurt.

Bei Kindern verhindern Fruchtjoghurts mit hohem Zuckeranteil die Geschmacksbildung. Der Gaumen wird „auf Süß“ trainiert.


Die Alternative

Wer die Fertigerzeugnisse aus dem Kühlregal mit all ihren Extras nicht möchte, kann Fruchtjoghurt ganz einfach selbst herstellen. Man benötigt lediglich Naturjoghurt und frische Früchte. Die Früchte können mit einem Mixer oder Pürierstab zu einem groben oder feinen Brei verarbeitet werden. Man kann das Obst aber auch nur in kleine Stücke schneiden. Kleine Beeren können als ganze Frucht beigemischt werden.
Sollte kein frisches Obst zur Hand sein, können auch Fruchtmus oder etwas Konfitüre in den Joghurt eingerührt werden. Einige exotische Früchte wie Kiwis oder Ananas lassen Milchprodukte aufgrund eines Enzyms bitter schmecken. Werden diese Früchte unmittelbar untergemischt, ist die Enzymtätigkeit noch nicht relevant. Ebenso lässt sich dieses Enzym durch Erhitzen zerstören, so dass auch Konfitüren aus exotischen Früchten mit Milchprodukten vermischt werden können. Somit sind der Vielzahl an Joghurt-Frucht-Kombinationen keine Grenzen gesetzt. Dabei kann der Grad der Süße durch die einfache, süße Frucht oder bei Bedarf durch Nachsüßen mit Zucker oder Honig selbst bestimmt werden.


Quellen
  • Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) (Hrsg.): Fruchtjoghurt, im Internet unter lebensmittelklarheit.de (Zugriff 23.07.2014)
  • Michael Ditter, Ingeborg Pils (Hrsg.): Das Manuscriptum – Handbuch der Lebensmittel, Waltrop und Leipzig, 2007
  • Walter Zipfel, Kurt-Dietrich Rathke (Hrsg.): Lebensmittelrecht Band IV, 273 d. Richtlinie für I. Fruchtzubereitungen zur Herstellung von Milchprodukten II. Bezeichnungen von Fruchtjoghurterzeugnissen, 134. Ergänzungslieferung 2008, Verlag C.H. Beck München
  • Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.: Richtlinie für Fruchtzubereitungen zur Herstellung von Milcherzeugnissen (2016) im Internet unter: lebensmittelverband.de (Zugriff 16.03.2021)


Annette.Conrad@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung