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Zeitkiller: Nachtreiben der Kühe. Autor: Werner Baumgarten , DLR Westerwald-Osteifel Zu den täglichen Routinearbeiten eines milchviehhaltenden Betriebes gehört die tägliche Melkarbeit. In der Regel wird sie von den Landwirten gerne erledigt. Aber viele von ihnen sind genervt, wenn ihre Kühe nicht freiwillig in den Melkstand kommen. Vor Melkbeginn werden die Kühe aus den Liegeboxen und den Laufgängen vor dem Melkstand zusammengetrieben. Die Tiere warten in vielen Fällen in dem Laufgang zwischen den beiden Liegeboxenreihen vor dem Melkstand oder in neueren Ställen in einem separaten Warteraum. Die Kühe der ersten Durchgänge betreten den Melkstand während der Melkarbeit noch freiwillig, bleiben dann aber die Tiere aus, wird das Nachtreiben immer wieder zum Ärgernis und zu einem Zeitkiller. Es ist wieder soweit, der Landwirt muss die Melkarbeit unterbrechen und die Melkergrube verlassen. Ein Teil der Kühe liegt schon wieder in den Boxen und muss erneut aufgejagt werden, die anderen stehen am Ende des Laufganges vor der Absperrung. Die Arbeit des Zusammentreibens beginnt von vorne. Stehen die Kühe dann eng vor dem Melkstand ist für den Melker ein Durchkommen zu seinem Arbeitsplatz oftmals sehr schwierig. Das größte Ärgernis ist es aber, wenn eine Kuh mitten im Melkstand stehen bleibt, und nicht bis zum ersten Melkplatz vorgeht und dadurch die anderen Tiere nicht aufrücken können. Der Arbeitsablauf des Küheholens, muss dann so oft wiederholt werden, bis auch die letzte Kuh gemolken ist. Durch das häufige Verlassen des Arbeitsplatzes verlängern sich die Melkzeiten und die Qualität der Melkarbeit leidet darunter, z. B. entstehen Blindmelkzeiten. Aus diesem Grunde wird in kleinen Melkständen (bis 2 x 8) oftmals mit zwei Personen gemolken, obwohl für die reine Melkroutine nur eine Person notwendig wäre. Die zweite Person ist dann zeitweise mit Nachtreiben beschäftigt. In einer Praxiserhebung des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel diese Daten erfasst. Der Doppel-Sechser-Fischgräte Melkstand ist der Typ mit der höchsten Verbreitung. ( in 25 Betrieben) Doppel-Fünfer und Doppel-Vierer waren in etwa gleich oft (12 und 13 Betriebe) in der Praxisuntersuchung vertreten. Jeweils drei Doppel-Achter und Doppel-Zwölfer gingen mit in die Untersuchung ein. Desweiteren wurden noch fünf 2x3-er Tandemmelkstände und 2 Melkkarusells auf den Betrieben vorgefunden. In der Spalte 3 ist die durchschnittliche Anzahl Kühe je Betrieb zu sehen. Bis einschließlich zum Doppel-Achter liegt die Anzahl der Kühe zwischen 54,5 und 89 Kühen. Relativ neu sind die 3 Melkstände mit 3x12, diese sind auf Betrieben mit durchschnittlich 125,7 Kühen installiert, die noch eine weitere Expansion anstreben. Dividiert man die Anzahl Kühe je Betrieb mit einem FGM–Melkstand, ausgenommen den 2x4 er, steht für je 5,5 Kühe ein Melkplatz zur Verfügung. Die Zahlen belegen, dass es sich um typische Familienbetriebe in der Mittelgebirgsregion von Rheinland-Pfalz handelt. Zum einem sind es spezialisierte Milchviehbetriebe und zum anderen Gemischtbetriebe mit Ackerbau. Die meisten Betriebe verrichten die Melkarbeit von 1,3 –1,7 AK. Die Melkleistung je Stunde und Betrieb ist in Spalte 3 dargestellt. Im Durchschnitt der Betriebe ist die Leistung noch in Ordnung. Aber bei einer genauen Betrachtung von Minimum und Maximum ist festzustellen, dass die Werte der Betriebe sehr weit auseinanderklaffen. (Spalte 4) Die „Schnelleren“ haben zum Teil einen doppelt so hohen Durchsatz an Kühen wie die „Langsameren“, d.h., dass bei den Betrieben mit geringerer Leistung noch Verbesserungen möglich sind. Bei einem Vergleich der gemessenen Werte mit Angaben aus der Literatur (Spalte 5) über eine mögliche Melkleistung fällt folgendes auf: Die Betriebe mit Autotandem-Melkstand oder Doppel-Vierer-FGM erreichen die Werte, die auch in der Literatur angegeben sind. Die Melkleistungen der Doppel 5-er, 6-er, und 8-er bleiben aber hinter den theoretischen möglichen Werten zurück. Die Abweichung bei den 2x12 Melkständen ist noch gravierender, mit ca. 63 Kühen je Stunde erreichen diese nur den Durchsatz der 2x8-er Melkstände. Auf zwei Betrieben verrichtet aber ein Landwirt allein die Melkarbeit und in 2 Fällen ist eine Veränderung der Zutriebe noch in Planung. Die Stundenleistung im Karussell entspricht in etwa den theoretisch möglichen Leistungen. Bei einer kritischen Betrachtung fällt auf, dass die theoretischen Melkleistungen bei Doppel 4-er bis Doppel 8-er nur für eine Melkperson gelten, tatsächlich ist aber in den meisten Fällen mehr als eine Person im Melkstand, d.h. die Arbeitsleistung pro Arbeitskraft fällt noch geringer aus. Aus ökonomischer Sicht ist der Einsatz des zweiten Melker in kleineren Melkständen überflüssig, weil diese arbeitsmäßig nicht ausgelastet ist. Verschiedene Gründe führen dazu, dass 2 Personen melken: Zum einen die soziale Komponente: morgens und abends lassen sich während der Melkzeiten sehr gut Arbeitspläne und Entscheidungen unter vier Augen besprechen. Zum anderen verbringt die zweite Person nicht die ganze Zeit im Melkstand, sondern kümmert sich zum Beispiel ums Nachtreiben, die Kälber oder die Pflege der Liegeboxen. Was bei der Untersuchung negativ auffiel, war das häufige und zeitaufwendige Nachtreiben der Kühe, wobei sehr große Schwankungen zwischen den Betrieben festzustellen waren. Verschiedene Faktoren beeinflussen das zügige Eintreten der Kühe in den Melkstand. Zum Beispiel: Ist eine Kraftfutterfütterung im Melkstand installiert? Ist ein Warteraum vorhanden? Wie sind die Triebwege angelegt und wie ist deren Beleuchtung? Der Ärger mit dem zögerlichen Kommen der Tiere in den Melkstand hat einige Landwirte motiviert, eigene Lösungen für dieses Problem zu finden. Ein entscheidende Verbesserung für ein zügigeres Melken ist eine Nachtreibehilfe. Auf dem Betrieb Mulder kommt folgendes System zum Einsatz: Die Spaltenböden im Stall werden regelmäßig durch Spaltenschieber gesäubert. Dadurch entstand die Idee, diesen mit einem Gitter zu versehen und damit die Kühe in den Melkstand zu treiben. (Bild 1) Ausgerüstet ist das Gitter außerdem mit einer Glocke. Durch das akustische Signal wissen alle Kühe, dass sie weiter aufrücken müssen. Die flexiblen Seitenteile, die in die Liegeboxen hineinragen, sollen auch noch liegende Kühe auftreiben. Wegen der leichten Bauweise ist zur Unterstützung der Einsatz von Strom erforderlich. Dies ist folgendermaßen gelöst: Über dem Laufgang ist ein Draht installiert, an dem ein Weide- zaungerät angeschlossen ist. Die Verbindung zum Schieber wird über einen isolierten Draht hergestellt. Der zusätzliche elektrische Einsatz ist aber nur alle 3 – 4 Wochen zum Nachtreiben erforderlich. Eine andere Lösung hat der Betrieb Mies installiert. Über dem Laufgang wurden zwei Schienen befestigt. In den Schienen läuft ein Tragrahmen, der einen Vorhang aus Metallstreifen trägt. (Bild 2) Müssen die Kühe nachgetrieben werden, bedient der Landwirt mechanisch einen Seilzug und der Metallvorhang wird Richtung Melkstand bewegt. Der Antrieb ist am Ausgang der Melkgrube zum Stall hin angebracht. Das Aneinanderschlagen der Metallstreifen dient als akustisches Signal. Obwohl der Treiber die Kühe in den Boxen nicht berührt, bleibt keine Tier liegen. Auch hier ist es ein Weidezaungerät an die Anlage angeschlossen, das ca. alle 4 Wochen einmal zum Einsatz kommt. Nicht nur mechanische Nachtreibehilfen können die Tiere beitreiben, sondern auch Hütehunde können die Arbeit verrichten. Entscheidend ist aber eine gute Ausbildung der Tiere, die nicht zu „scharf“ sein dürfen da dies bei den Kühen vor dem Melken unnötigen Stress verursacht. Beim Nachtreiben kommen aber nicht nur Eigenbaulösungen zum Einsatz, sondern auch industrielle Nachtreibehilfen. Sämtliche Schieberhersteller haben für ihre Spaltenschieber einen Aufbau, um die Kühe nachzutreiben. Außerhalb der Melkzeiten räumt der Schieber ausschließlich die Spalten, zu den Melkzeiten wird der Aufsatz aufgebaut. Sobald Nachtreibebedarf ist, wird der Schieber betätigt und treibt die Kühe Richtung Melkstand. Unbedingt sollte die Nachtreibehilfe mit einem akustischem Signal ausgestattet sein, zum Beispiel in Form von einem Horn oder einer Glocke, damit alle Kühe wissen, dass sie aufrücken müssen. Wichtig ist, dass bewegliche Seitenteile vorhanden sind, die in die Liegeboxen ragen, um noch liegende Kühe zum Aufstehen zu bewegen. Auf den Betrieben, wo diese Variante zum Einsatz kommt, sind alle Betriebsleiter damit sehr zufrieden. Der Spaltenschieber als Nachtreibehilfe hat allerdings einen Nachteil: werden zwei Gruppen gehalten, muss der Schieber erst wieder in seine Ausgangsposition zurücklaufen. Die zweite Variante ist ein Kuhtreiber, der auf zwei Flachstahlschienen einen Treibvorhang trägt. Der Antrieb erfolgt über eine 12 Volt Batterie, die in der Parkposition wieder automatisch geladen wird. Der Treibvorhang besteht in den meisten Fällen aus Ketten, die auch in die Liegeboxen hineinhängen, und ist mit einem Signalton ausgestattet. Durch das mögliche Auf- und Abrollen der Ketten können auch Bestände mit mehren Gruppen problemlos gemolken werden. Die Bedienung der Anlage erfolgt über eine Fernsteuerung. In separaten Warteräumen kommen beide oben beschriebenen Systeme mit Erfolg zum Einsatz. Darüber hinaus bieten sämtliche Melkmaschinenfirmen Nachtreibehilfen an, die auch für größere Bestände gut geeignet sind. Fazit Die Untersuchung hat gezeigt, dass ein großer Bedarf zur Verbesserung des Nachtreibens bzw. einer Optimierung der Zutriebe besteht. Bei einem durchschnittlichen Milchviehbetrieb fallen mindestens 15 Minuten mehr Arbeit durch das Nachtreiben pro Melkzeit an. Das sind auf das Jahr hochgerechnet 182 Stunden verlorene Zeit. Ziel jeden Landwirtes sollte es sein, die begrenzte Arbeitszeit möglichst effektiv zu nutzen. Aus diesem Grund sind Nachtreibehilfen ein notwendiger Schritt hin zu einer besseren Arbeitsqualität und auf jeden Fall eine lohnende Investition.
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