Intervallfasten – ein alltagstaugliches Konzept gegen Übergewicht?

Stand: 10/09/2020
Befürworter sehen das Intervallfasten als eine erfolgversprechende Methode, Übergewicht zu reduzieren und Körpergewicht zu halten. Intervallfasten soll darüber hinaus gegenüber Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Krebserkrankungen, Rheuma wirken und das Leben verlängern. Was ist Intervallfasten? Welche Wirkungen sind gesichert? Welche Empfehlungen lassen sich für den Alltag ableiten?


Was ist Intervallfasten?

Beim Intervallfasten oder auch intermittierenden Fasten wechseln sich Zeiten normaler Nahrungsaufnahme mit Zeiten geringer oder ohne Nahrungsaufnahme ab.
Im Gegensatz zu klassischen Formen des Fastens, bei denen in der Regel über mehrere Tage am Stück gefastet wird, ist beim Intervallfasten die Nahrungsaufnahme nur an einzelnen Tagen in der Woche eingeschränkt oder sogar nur für einen bestimmten Zeitraum des Tages. Intervallfasten soll als Dauerkostform angewendet werden, in der Regel mit dem Ziel einer langfristigen Gewichtsreduktion.
Es werden vor allem folgende Varianten unterschieden:
  • 2-day-diet – 2-Tage-Diät
  • 5:2-Diät – Fasten mit „Genießertagen“
  • Alternierendes Fasten – Fasten im täglichen Wechsel
  • 16/ 8-Fasten – 16 Stunden fasten, 8 Stunden Zeit zum Essen
  • Dinner-Cancelling – Verzicht auf’s Abendessen

Die 2-Tage-Diät
wurde ursprünglich von den britischen Wissenschaftlern Michelle Harvie (Ernährungswissenschaftlerin) und Tony Howell (Onkologe) für Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko entwickelt. Den Frauen sollte ein alltagstaugliches Ernährungskonzept an die Hand gegeben werden, um Übergewicht abzubauen und das erlangte Körpergewicht langfristig zu halten. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen innerhalb einer Woche soll die Kalorienzufuhr auf bis zu 650 Kilokalorien beschränkt werden. Empfohlen werden überwiegend eiweißreiche Lebensmittel wie Fisch, Geflügel, Milchprodukte, Ei oder Tofu, dazu Gemüse und Obst sowie kalorienfreie Getränke. An den restlichen fünf Tagen der Woche soll die Ernährung mediterran gestaltet werden.
Dr. Harvie überprüfte ihr Konzept an rund 100 übergewichtigen Frauen, wobei die eine Hälfte der Probandinnen über sechs Monate den Vorgaben der 2-Tage-Diät folgte und die andere Hälfte eine energiereduzierte mediterrane Kost umsetzte. Über die gesamte Woche hin betrachtet, hatten beide Gruppen die gleiche Kalorienzufuhr. Nach einem halben Jahr hatten alle Frauen abgenommen, die Frauen der Fastengruppe verloren durchschnittlich etwas mehr an Körpergewicht und Fettmasse als die Frauen der Vergleichsgruppe. Deutlich verbessert hatten sich allerdings die Insulinsensitivität und die Tumormarker unter der 2-Tage-Diät.

Die 5:2-Diät
wurde von Dr. Michael Mosley entwickelt. Er war an einer Vorstufe von Typ-2-Diabetes erkrankt und suchte nach einem effektiven Weg, um abzunehmen und seine Gesundheit zu verbessern. An fünf Tagen in der Woche soll normal, ohne Einschränkungen bei Lebensmittelauswahl und -zubereitung, gegessen werden. Die beiden Fastentage sollen nicht direkt aufeinanderfolgen und möglichst an den gleichen Wochentagen umgesetzt werden, beispielsweise immer montags und donnerstags. Frauen sollen an diesen Tagen bis zu 500 Kilokalorien und Männer bis zu 600 Kilokalorien vor allem in Form von eiweißhaltigen Lebensmitteln, reichlich Gemüse und etwas Obst zu sich nehmen, dazu reichlich Wasser, ungesüßter Tee und Gemüsebrühe.
Diesem Konzept folgend hat Mosley quasi im Selbstversuch innerhalb von drei Monaten neun Kilogramm abgenommen und seinen Körperfettanteil um sieben Prozent gesenkt.

Das alternierende Fasten
geht auf die Ernährungswissenschaftlerin Krista Varady zurück. Fastentage wechseln mit Nicht-Fastentagen. An den Fastentagen soll die Kalorienzufuhr auf bis zu einem Viertel des eigentlichen Energiebedarfs reduziert werden. Für die Nicht-Fastentage gibt es keine Einschränkungen.
Das Konzept basiert auf Erkenntnissen aus Versuchen mit Mäusen, dass diese länger leben, wenn sie nur alle zwei Tage gefüttert werden. Varady überprüfte den Erfolg ihrer Diät an 16 normalgewichtigen gesunden Probanden, die über einen Zeitraum von 22 Tagen im alternierenden Rhythmus fasteten und an den Fastentagen lediglich kalorienfreie Getränke zu sich nehmen durften. Weil die Testpersonen über ständigen Hunger klagten, korrigierte Varady ihre Studie anschließend dahingehend, dass die Probanden wie oben beschrieben an den Fastentagen bis zu einem Viertel ihres Kalorienbedarf und an den Nicht-Fastentagen ohne Einschränkungen essen dürfen. Im Durchschnitt nahmen die Personen in den ersten vier Wochen um fünf Kilogramm ab und hatten nach zwei Wochen auch keine Hungergefühle mehr.

Das 16/ 8-Fasten
bedeutet nach Eckart von Hirschhausen „essen was man will, aber nicht die ganze Zeit.“ Bei dieser Form des Intervallfastens legt jeder entsprechend seinem individuellen Tagesrhythmus die Zeitintervalle fest, von wann bis wann gefastet wird (16-Stundenintervall, z.B. von 19.00 Uhr bis 11.00 Uhr am Folgetag) bzw. in welcher Zeit gegessen werden kann (8-Stundenintervall, z.B. von 11.00 Uhr bis 19.00 Uhr). Das 16/ 8-Fasten kann, muss aber nicht jeden Tag umgesetzt werden. Auch hier werden vor allem Gewichtsreduktion und Verbesserung der Insulinsensitivität angestrebt.

Das Dinner-Cancelling
kann als eine Form des 16/ 8-Fastens betrachtet werden. Man lässt „einfach“ an zwei bis drei Tagen in der Woche das Abendessen weg, so dass bis zum Frühstück am nächsten Tag 14 Stunden und länger nichts gegessen wird. Kalorienfreie Getränke wie Wasser oder ungesüßter Tee können unbegrenzt abends getrunken werden. Das Abendfasten soll nicht nur den Insulinspiegel günstig beeinflussen, das Abnehmen erleichtern und die Schlafqualität fördern, sondern auch, Prof. Dr. Johannes Huber folgend, durch Anregung der Ausschüttung der Hormone Melatonin und Somatotropin Alterungsprozesse verlangsamen.


Abnehmen mit Intervallfasten?

Tierversuche weisen auf positive Effekte des Intervallfastens hin. Amerikanische Forscher gewährten beispielsweise in einer Studie mit Mäusen der einen Gruppe uneingeschränkten Zugang zu einer bestimmten Standardmenge an Futter und begrenzte den Futterzugang für die andere Mäusegruppe auf ein Zeitfenster von acht Stunden. Nach 18 Wochen waren die Mäuse mit begrenztem Futterzugang deutlich schlanker und fitter als die „Rund-um-die-Uhr-Fresser“. In verschiedensten Tierversuchen konnten positive Wirkungen des Intervallfastens nicht nur auf das Körpergewicht, sondern auch auf Blutglukose- und Insulinspiegel, auf Fettstoffwechsel, Stressempfindlichkeit oder kognitive Funktionen festgestellt werden. Das Risiko für chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, koronare Herzkrankheiten, neurologische Erkrankungen oder Krebserkrankungen konnte gesenkt werden.

Die Ergebnisse von Studien, die sich mit den Auswirkungen des Intervallfastens beim Menschen befassten, sind weniger eindeutig. Eine Auswertung der vorhandenen Studien ist nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE, 2018) nicht nur durch die verschiedenen Formen des Intervallfastens erschwert, sondern auch durch die unterschiedlichen Populationen (Normalgewichtige, Übergewichtige, Adipöse) und die oft geringe Teilnehmerzahl bei den Studien. Sie bewertete die vorhandenen Daten dahingehend, dass sich Intervallfasten günstig auf die Gesundheit (z.B. hinsichtlich Insulinsensitivität und Diabetes, Lipidwerte, Herzkreislauferkrankungen) und Körpergewicht auswirken kann. Intervallfasten sei zumindest gleichwertig einer energiereduzierten Mischkost, Muskelmasse werde jedoch weniger abgebaut.

Bei der InterFAST-Studie (2019), unter der Leitung des Biochemikers Prof. Dr. Frank Madeo an der Universität in Graz, wurden zwei Gruppen mit je 30 gesunden Menschen (BMI 22 bis 30) miteinander verglichen. Die eine Gruppe hat alternierend gefastet und die andere Gruppe hat ihren bisherigen Lebensstil beibehalten. Die Fastengruppe hat an den Fastentagen nichts und an den anderen Tagen ohne Einschränkung gegessen. Die Fastengruppe hat durchschnittlich 37,5 Prozent weniger Kalorien aufgenommen und 3,5 Kilogramm in den vier Wochen abgenommen. Zudem wurden günstige Effekte auf Cholesterin, Bauchfett, Blutdruck und Entzündungsparameter festgestellt. Bestätigt wurden diese Ergebnisse auch in einer Langzeitbeobachtung an 30 Probanden, die alternierendes Fasten über mehr als sechs Monate umgesetzt hatten. Allerdings fehlt Kritikern ein Vergleich mit herkömmlichen energiereduzierten Diäten.
Kritiker des Intervallfastens befürchten ein höheres Risiko für Gallensteine durch den verlängerten Nahrungsverzicht, ebenso dass der Knochenabbau verstärkt oder die Immunabwehr geschwächt werde. Diese möglichen Risiken konnten in der Langzeitbeobachtung von Madeo nicht bestätigt werden.
Nach Einschätzung von Madeo kurbeln mindestens 14 bis 16 Stunden essfreie Zeit Prozesse der Autophagie an, ein Prozess zellulärer Selbstreinigung. Bei diesem Prozess werden in den Körperzellen nicht benötigte, auch krankhafte Bestandteile abgebaut und anderweitig verwertet, Reparaturmechanismen werden angeregt. „Dabei erkennt die Zelle ein Energieproblem und verdaut alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Darunter auch schädliche Abbauprodukte und Zellbestandteile, die im Alter mehr werden und zu neurodegenerativen Krankheiten oder auch zu Krebs führen können“, so Madeo (Zuckriegl, Pichler 2015). Günstige Effekte auf Entzündungswerte, Diabetes, Krebserkrankungen oder neurodegenrative Erkrankungen sowie lebensverlängernde Wirkungen werden diskutiert.

Prof. Dr. Kuno Hottenrott, Leiter des Instituts für Leistungsdiagnostik und Gesundheitsförderung (ILUG) der Universität Halle-Wittenberg, verbindet Intervallfasten mit Ausdauertraining (LIF-Konzept, Laufen und Intervallfasten). Er untersuchte an 80 gesunden, jedoch übergewichtigen Breitensportlern im Alter von 20 bis 60 Jahren (i.D. 45,5 Jahre), ob ein Ausdauertraining mit Intervallfasten (hier 5:2) mehr bewirken kann als ein Ausdauertraining ohne Fasten. Die Probanden bekamen über zwölf Wochen individuell gestaltete Trainings- und Ernährungspläne. In beiden Gruppen konnten deutliche Effekte auf Körpergewicht, Körperfett, Bauchfett und Laufleistung erzielt werden, die Erfolge bei Kombination von Ausdauertraining und Intervallfasten waren jedoch signifikant stärker.

Im Rahmen der HELENA-Studie (2018) untersuchten Wissenschaftler*innen des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg die Wirkungen einer Reduktionsdiät und die Effekte des Intervallfastens 5:2 im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bei insgesamt 150 übergewichtigen Probanden. Sie stellten bei beiden Diätformen gleiche gesundheitliche Effekte fest: bei beiden Diätformen konnten Körpergewicht, Bauchfett und Leberfett gesenkt werden. Allerdings vermuteten die Wissenschaftler*innen, dass manchen Menschen das Intervallfasten leichter fällt als die tägliche Einschränkung der Kalorienzufuhr.


Abschließende Überlegungen

Die verschiedenen Formen des Intervallfastens unterscheiden sich hinsichtlich der Häufigkeit und der Dauer des Nahrungsverzichts und bieten Spielraum bei der Umsetzung. Intervallfasten ist unkompliziert, weil in der Regel keine besonderen Diätvorschriften beachtet werden müssen.
Vor allem das 16/8-Fasten lässt sich gut in den Alltag integrieren, weil es relativ einfach dem individuellen Tagesrhythmus angepasst werden kann und vergleichsweise geringe Anforderungen an die „Essdisziplin“ stellt. Interessante Ergebnisse sind von einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) zu erwarten, die sich mit der Frage befasst: Zu welcher Tageszeit wirkt sich 16/8-Intervallfasten am besten auf den Stoffwechsel aus? Die Wissenschaftler*innen untersuchen, ob es besser für den Stoffwechsel ist, am frühen Tag zu essen oder eher am Nachmittag und Abend. Ergebnisse einer Studie der Universität Lübeck deuten darauf hin, dass es günstiger sein kann auf das Abendessen zu verzichten als auf das Frühstück. Blutzucker- und Insulinanstieg fallen morgens geringer aus als nach Mahlzeiten am Abend, so die Forscher.

Man kann mit Intervallfasten abnehmen, wahrscheinlich ähnlich gut wie mit vergleichbaren energiereduzierten Diäten. Ein Jo-Jo-Effekt ist weniger zu erwarten. Die Akzeptanz des Intervallfastens ist vielfach gut, möglicherweise besser als bei energiereduzierten Diätformen.
Die Mechanismen des Fastens auf Zellebene sind aktuell Gegenstand verschiedener Forschungen betreffend die Prozesse der Autophagie (siehe oben) und die Auswirkungen von Esspausen auf Diabetes, Krebserkrankungen, Parkinson, Demenzerkrankungen und mehr.

Ungeeignet ist Intervallfasten für Kinder sowie für Schwangere und Stillende. Bei Medikamenteneinnahme und chronischen Erkrankungen sollte nur in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gefastet werden.

Bei den meisten Konzepten des Intervallfastens fehlen Hinweise für eine gute Lebensmittelauswahl. Das erleichtert zwar die unmittelbare Umsetzung, es erschwert aber auch im Einzelfall das Erlernen von günstigen Ernährungsgewohnheiten. Eine Orientierung beispielsweise an den „10 Regeln der DGE“ wäre wünschenswert.

Ein Grundsatz gilt für Alle: Es sollten Esspausen eingehalten werden! Zwischen einzelnen Mahlzeiten sollte möglichst nichts gegessen bzw. gesnackt werden. Dazu zählen Gummibärchen, die gerne genascht werden, ebenso wie ein Fruchtsmoothie, der unterwegs auf die Schnelle getrunken wird oder ein Stück Obst, das zwischendurch gegessen wird. Auch Getränke gilt es, im Blick zu behalten. Zuckerhaltige Getränke zwischen den Mahlzeiten sind „tabu“, geeignete Durstlöscher für den ganzen Tag sind stattdessen Wasser, Mineralwasser oder ungesüßter Tee.


Quellen und weiterführende Informationen


irmgard.luetticken@dlr.rlp.de     www.Ernaehrungsberatung.rlp.de