Hilfe Weinbau Schwarzfäule

Wie ist das Schwarzfäule-Modell aufgebaut?
Die Grundlage des Modells bilden lokal gemessene Wetterdaten sowie mathematische Algorithmen zur Biologie des Erregers und zur Epidemiologie der Krankheit. Folgende Parameter werden im Modell berücksichtigt:
stündliche lokale Wetterdaten sowie eine 5-Tage-Wetterprognose (Lufttemperatur, Blattnässe)
Simulationen des Auftretens bzw. der Stärke von Infektionsereignissen in Abhängigkeit von Temperatur und Länge der Nässephase
die Anfälligkeit der unterschiedlichen Reborgane in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand (Kuo & Hoch, 1996 sowie Molitor und Berkelmann-Löhnertz, 2011)
die Länge der Inkubationszeit in Abhängigkeit von Temperaturbedingungen und Entwicklungsstand (Molitor et al., 2012)
die Entwicklung der Haupttriebblattfläche in Abhängigkeit von der Temperatur (Schultz, 1992).

Das Modell erstellt Simulationen (Vergangenheit sowie Fünf-Tage-Prognose) zum Auftreten und zur Stärke von Infektionsereignissen, der ktuellen Anfälligkeit der Reborgane, sowie aktuell laufender und abgelaufener Inkubationszeiten.



Schadsymptome der Schwarzfäule an verschiedenen Reborganen

Welche Informationen liefert »VitiMeteo Schwarzfäule«?

Die Modell-Ausgabe besteht aus drei Teilen: der Infektionsübersicht, der grafischen Übersicht (Tageswerte) sowie der detaillierten Übersicht (Stundenwerte). Die Infektionsübersicht (siehe Kasten rechts) zeigt die simulierten Infektionsbedingungen innerhalb der vergangenen fünf Tage sowie – basierend auf der standortgenauen Wetterprognose – für den aktuellen Tag und die fünf folgenden Tage. Der Prognosezeitraum ist in der Datumszeile grau hinterlegt. Die grafische Übersicht (Abbildung 1) zeigt folgende Parameter (zurückliegende 14 Tage sowie Prognosezeitraum):

  • Tagesmitteltemperaturen, -minima, -maxima, Tagesniederschlagssummen und Tagesmittelwerte der relativen Feuchte
  • Blattnässe (BN); Blattnässephasen sind blau dargestellt farblich gestalteter Infektionsindex
  • relative Anfälligkeit der Beeren in Prozent
  • Blattanzahl, die Gesamtblattfläche pro Trieb (hellgrüner + dunkelgrüner Bereich) sowie die aktuell im Wachstum befindliche Blattfläche pro Trieb (hellgrün) in cm2. Die detaillierte Übersicht (Abbildung 2) stellt folgende Parameter in stundengenauer Auflösung (vergangene 14 Tage sowie Prognosezeitraum) dar:
  • Inkubationszeit an Blättern (grün). An Blättern ist mit dem Auftreten der ersten Symptome nach einer Inkubationszeit von 175 Gradtagen zu rechnen. Entsprechend endet die Inkubationszeit mit dem Ende der Inkubationslinie nach 175 Gradtagen
  • verlängerte Inkubationszeit an Beeren. An Beeren verlängert sich die Inkubationszeit mit fortschreitender Beerenreife (dargestellt als roter, sich an die grüne Inkubationslinie anschließender Kurvenverlauf)
  • neu gestartete Inkubationszeiten. Die Inkubationszeit startet, sobald der Infektionsindex erstmalig an einem Kalendertag einen Wert von 85 Gradtagen überschritten hat. Dieser Starttermin wird durch ein violettes Dreieck gekennzeichnet
  • Stundenwerte von Temperatur, Niederschlag, relativer Feuchte sowie Blattnässe.


Infektionsübersicht: Die Zahlenwerte repräsentieren die jeweiligen Tagesmaximalwerte des Infektionsindexes, welcher sich aus der Länge der Nässephase sowie den innerhalb der Nässephase herrschenden Temperaturen errechnet. Je höher der Wert des Infektionsindexes, desto höher ist die simulierte Stärke des Infektionsereignisses. Die Infektionsstärke wird durch Farbgebung visualisiert.




Abbildung 1: Grafische Übersicht




Abbildung 2: Detaillierte Übersicht

Modell-Informationen gezielt im Rebschutz nutzen
Die Schwarzfäule tritt häufig nur regional oder lokal auf. In solchen Befallsgebieten sollte die Bekämpfung der Krankheit jedoch gezielt in die Rebschutzstrategie integriert werden. Schwarzfäule-Infektionen sind möglich, solange sich die Blätter im Wachstum befinden. Wie groß die aktuell anfällige Haupttriebblattfläche ist, ergibt sich aus dem hellgrün gekennzeichneten Bereich der Haupttriebblattflächen-Kurve. Vielfach richtet sich das Hauptaugenmerk bei der Schwarzfäule-Bekämpfung jedoch auf den Schutz der Trauben, da Beeren-Befall neben empfindlichen
Ertragseinbußen eine Verminderung der Weinqualität zur Folge haben kann. Gezielte Rebschutzmaßnahmen in der Phase der größten Beerenanfälligkeit sind daher besonders in Befallsgebieten von immenser Wichtigkeit. Der aktuelle Grad der Beerenanfälligkeit lässt sich aus der grafischen Übersicht ablesen. Für die Terminierung von Bekämpfungsmaßnahmen ist die Kenntnis des Auftretens und der Stärke von Infektionsereignissen von besonderer Bedeutung. In der detaillierten Übersicht (Abbildung 2) sind Infektionsereignisse (sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft) in Form violetter Dreiecke gekennzeichnet. Der Infektionsindex liefert darüber hinaus Informationen zur Stärke der Infektionsereignisse. Werden aktuell und in naher Zukunft keine Infektionsbedingungen vorhergesagt, so können Spritzungen gezielt geschoben werden – sofern die Bekämpfung anderer Schaderreger dies zulässt. Die 5-Tage-Prognose ermöglicht eine gezielte Platzierung
von Pflanzenschutzmaßnahmen unmittelbar vor erwarteten Infektionsereignissen. In diesem Fall erfolgt ein protektiver Einsatz der Fungizide. Aufgrund der – im Vergleich zu anderen pilzlichen Schaderregern im Weinbau – langen Inkubationszeit und des sich daraus ergebenden komfortablen Zeitfensters, in welchem sogar eine kurative Bekämpfung möglich ist, können Pflanzenschutzmaßnahmen mit kurativ wirkenden Mitteln (Vertreter aus den Gruppen der Strobilurine und der Triazole) auch gezielt nach bereits erfolgten Infektionsereignissen platziert werden. In der Praxis ist durch die längere Inkubationszeit die exakte Zuordnung von Symptomen zum jeweils auslösenden Infektionsereignis teilweise schwierig. Aufgrund der Verlängerung der Inkubationszeit mit fortschreitender Beerenreife kann es bis in die Reifephase hinein zum Auftreten neuer Symptome kommen. Auf Basis der Berechnung der Inkubationszeitlänge lassen sich die Schadsymptome somit präzise den jeweiligen Infektionszeitpunkten zuordnen. Weiterhin ist eine Vorhersage des Termins des Erscheinens weiterer Symptome (sofern keine Bekämpfung
erfolgt ist) möglich. Häufig kann die Eindämmung der Schwarzfäule durch entsprechende Terminierung und gezielte Mittelwahl im Zuge der Bekämpfung vom Echten und Falschen Mehltau erfolgen.



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